Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung GRÜNE JUGEND Schleswig-Holstein 01/2023 |
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Tagesordnungspunkt: | 3. Anträge |
Antragsteller*in: | Landesvorstand der GRÜNEN JUGEND Schleswig-Holstein (dort beschlossen am: 21.01.2023) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 21.01.2023, 09:41 |
A7: Ziviler Ungehorsam ist kein Terrorismus – Solidarität mit der „Letzten Generation“!
Antragstext
Die Landesmitgliederversammlung der GRÜNEN JUGEND Schleswig-Holstein möge
beschließen:
Während der russische Angriffskrieg, die Revolution im Iran und nicht zuletzt
auch die Fußball-WM der Männer in Katar – um nur drei Beispiele zu nennen – in
den vergangenen 12 Monaten den wohl größten Teil der medialen Aufmerksamkeit auf
sich zogen, rückte ein Thema in den Hintergrund: Die Klimakrise. Das änderte
sich, als Aktivisti der „Letzten Generation“ mit Aktionen des zivilen
Ungehorsams, wie z.B. das Festkleben an Straßen oder das Blockieren von
Rollfeldern, auf sich und die Klimakrise aufmerksam machten und in Nordrhein-
Westfalen die Räumung des Dorfes Lützerath begann.
Die „Letzte Generation“ formuliert zwei Forderungen: ein bundesweites Tempolimit
von 100km/h und die dauerhafte Einführung des 9€-Tickets – beides mit dem Ziel,
CO₂ einzusparen und so dem Klimawandel entgegenzuwirken.
Was die „Letzte Generation“ fordert, ist keine Utopie oder etwas, was aktuell
völlig unrealistisch wäre. Das Tempolimit funktioniert in anderen Staaten, das
9€-Ticket ließe sich z.B. durch das Abschaffen der Pendlerpauschale und des
Dieselprivilegs, eine Vermögenssteuer oder einen sofortigen Investitionsstopp in
Autobahnen und klimaschädlichen Individualverkehr leicht finanzieren und
weiterführen. Ziel der Proteste der „Letzten Generation“ ist es, Aufmerksamkeit
für die Krise und infolgedessen die politische Umsetzung zweier Maßnahmen,
welche in der Umsetzung realistisch und im Kampf gegen die Krise wirksam wären,
zu schaffen.
Was die „Letzte Generation“ nicht fordert, ist ein Systemumsturz. Dass aus
zivilem Ungehorsam Strafen folgen können, nehmen die Aktivisti in Kauf, es gab
bisher weder Widersprüche noch Gewalt. Friedlicher und gewaltfreier ziviler
Ungehorsam ist politische Partizipation. Aktivisti versuchen für mehr
Gerechtigkeit zu sorgen, indem sie bewusst gegen rechtliche Normen verstoßen und
die Folgen dessen akzeptieren. Sie erwarten keine Stellung außerhalb des
geltenden Rechtssystems, sondern fügen sich dem Geltenden - um für die Grundlage
unser aller Überleben zu kämpfen. Das ist kein Terrorismus.
Auch friedlicher und gewaltfreier ziviler Ungehorsam soll nicht immer schön und
angenehm sein, sondern ganz bewusst irritieren oder auch nerven und unserer
Gesellschaft den Spiegel vorhalten. Ohne diese Form des Widerstands wären viele
historische Fortschritte, wie zum Beispiel die Einführung des Frauenwahlrechts,
nicht möglich gewesen.
Wir fordern:
Eine stärkere Abgrenzung Abgrenzung zwischen zivilem Ungehorsam und
Terrorismus in der öffentlichen Debatte und in jeglicher politischer
Arbeit.
Das Beenden des Einsetzens von Präventivhaft als Konsequenz für zivilen
Ungehorsam
Keine weiteren Strafverschärfungen für spezifische Protestformen
Eine Sensibilisierung der Polizei und Justiz für die Unterschiede zwischen
zivilen Ungehorsam und Terrorismus, um sicherzustellen, dass friedliche
Proteste nicht unverhältnismäßig unterdrückt werden.
Die Unterstützung von Initiativen und Projekten, die sich für den
friedlichen zivilen Ungehorsam einsetzen und diesen in der Gesellschaft
stärker verankern.
Das Bundesverfassungsgericht hat 2021 festgestellt, dass Deutschland
verpflichtet ist, Lebensgrundlagen für künftige Generationen zu schützen. Im
Pariser Klimaabkommen haben sich 2015 knapp 200 Staaten verpflichtet, den
globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu limitieren. Klimaschutz ist
Menschenrecht. Um Menschenrechte zu schützen, und unser aller Zukunft zu sichern
darf ziviler Ungehorsam unter keinen Umständen mit Terror gleichgesetzt werden.